AktualisierungOktober 2006
Reise nach Alice Springs
von uschi christl
3., 4. Oktober, Nitmiluk
Aboriginal Foklore und
Wirklichkeit
Auf unserem Weg in den Süden planen wir einen Stopp in Edith Falls ein, wo wir schon vor einigen Wochen waren. Dieses Mal vertreiben uns Buschfeuer. Die Wanderwege sind gesperrt, die Luft kratzt beim Einatmen. Wir fahren weiter zum Katherine Gorge in den Nitmiluk Nationalpark. Faule Tage.
"Paint it black" von Claire Henty-Gebert
fertig gelesen. Eine Autobiographie einer Halb-Aboriginee, die in den 1930er Jahren ihrer Aboriginal-Mutter weggenommen worden war. Ziemlich schlecht geschrieben, soweit ich das im Englischen beurteilen kann. Die Informationen sind spärlich. Aber immerhin Mosaiksteine für ein Gesamtbild der jüngeren Geschichte dieses Landes.
Auf dem Campingplatz in Katherine Gorge findet gerade ein Treffen der Aboriginal-Besitzer des Nationalparks statt. Auf Matratzen oder einfach nur auf dem Boden lagern die Ureinwohner Australiens insgesamt eine Woche lang. Ein Animationsbus, der von Weissen betreut wird, ist hier um die Kinder zu beschäftigen, während ihre Eltern Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen folgen. Es geht vor allem um Landverteilung und rechtliche Belange. Wobei die Vortragenden fast ausschließlich Weisse sind.
Im nahe gelenen Visitor Centre werden die Besucher auf Schautafeln und in Videos über die Religion der Aboriginees informiert. Immer wieder wird, wie so oft, darauf hingewiesen, wie wichtig es für die indigene Bevölkerung ist, ihre Kultur aufrecht zu erhalten, ihren religiösen Riten zu folgen, ihre Jahrtausende alten Geschichten weiterzugeben. Ob das nur ein Bild ist, das sie den Touris von sich selbst geben wollen oder ob die Mehrheit der Aboriginees tatsächlich noch altem Glauben verhaftet ist, ist schwer einzuschätzen.
Ich glaube eher an Folklore. Ganz abgesehen davon, dass sich diese Naturreligion, die vor allem auf Schöpfungsgeschichten basiert, wahrscheinlich nur schwer in eine aufgeklärte soziale Gesellschaft eingliedern lässt. Ein Volk zwischen den Kulturen - das zeigt sich auch am Abend bei einem Konzert einer Aboriginal Band, die westliche Rockmusik spielt.
5. Oktober, Mataranka
Die Vertreibung der Fledermäuse
Ein Thermalpool mitten im Busch, das Offizieren im zweiten Weltkrieg zu Erholung diente, ist unser nächstes Ziel. 34 Grad warmes Wasser hat bei der Hitze der Luft duchaus seine Reize. Einerseits kann man stundenlang im Wasser herumlungern, andererseits fühlt sich die Luft nach dem Bad nicht mehr so heiß an. Unglaublich schön ist die grüne Farbe des Wassers, die durch Mineralien entsteht. Über dem Pool hängen bis zu 200.000 Fledermäuse an den Bäumen. Diese "Little Red Foxes" werden von den Besitzern dieser Anlage nicht gerne gesehen, da sie es lieben, ihren Kot ins kristallklare Wasser fallen zu lassen. Wir kommen gerade zurecht, als man wieder einmal versucht, die Fledermäuse mit lauten Böllerschüssen zu vertreiben. Für den ersten Moment scheint der Plan auch zu funktionieren, denn tausende Flying Foxes flattern über dem Areal.
In der Nähe des Campingplatzes sehen wir die Filmkulisse zu dem Film "We of the Never Never". Dieser Film, nach einem Buch der Australierin Jeannie Gunn, gilt in Australien als Klassiker, der auf einer wahren Geschichte beruht. Nahe Mataranka, bei einem Besuch der "Bitter Springs" erzählt uns eine Aboriginee, dass ihre Tante das kleine Mädchen ist, das in Buch und Film eine wichtige Rolle spielt. Die Tante lebt noch, inzwischen gehören ihr große Teile dieses Landes.
Auf dem Weg zu den Bitter Springs läuft uns Schlange Nummer 8 über den Weg. Jedes Mal wieder ist der Schreck groß, auch wenn sich die Schlange vielleicht genauso gefürchtet hat.
6. Oktober, Daly Waters und Elliott
Für einen hart verdienten Durst
Es ist angeblich das älteste Pub des Northern Territory. Auf jeden Fall hat das Pub in Daly Waters Atmosphäre, die nicht nur Touristen gefällt. Seine Wände sind mit Geldscheinen, mit Büstenhaltern, T-Shirts und allem Möglichem dekoriert. Vor allem aber gibt es dort offenes Victorian Bitter und dieses Bier hat es Bruno nun wirklich schwer angetan. Der Werbespruch für VB "for a hard earned thirst" wird nach jedem harten Tag zitiert.
Wir sind die ersten fünfhundert Kilometer auf der Strecke nach Alice Springs gefahren. Keine besonders anspruchsvolle Tour. Der Tempomat wird bei 85 eingestellt und dann muss einer von uns nur mehr das Lenkrad festhalten.
Bei der Suche nach einem Übernachtungsplatz hilft uns ein australischer Stellplatzführer für diese Gegend. Er schickt uns lange kreuz und quer auf sandigen Pfaden durch den Busch. Schließlich landen wir an einem riesigen Waterhole. Ein Tag vor Vollmond kein schlechter Übernachtungsplatz.
7. Oktober, Tennant Greek und Devil's Marbles
Wilde Stiere beim Rodeo
Wir ziehen den Stuart Highway entlang nach Süden.
Diese Strecke hatte der Schotte John Stuart Ende des 19. Jahrhunderts mehrmals erfolglos in Angriff genommen. Einige Denkmäler zeugen von seinen Expiditionen. Während Stuart auf seinen entbehrungsreichen Versuchen von Süden nach Norden zu gelangen, zwar viel Ruhm erntete, aber schließlich seine Gesundheit einbüßte, fahren wir die Strecke in entgegengesetzer Richtung recht locker. Als wir in Tennant Greek eintreffen, haben wir insgesamt 10.000 Kilometer seit Reisebeginn zurükgelegt.
In Tennant Greek kommen wir gerade rechtzeitig zum jährlichen Rodeo, das heuer wegen einer Überschwemmung von Mai auf Oktober verlegt wurde. Wir verbringen einige Stunden auf dem Rodeogelände, zu dem die australischen Cowboys, die Stockmen oder Ringer bis zu 700 Kilometer Anreise auf sich nehmen. Und das alles dafür, dass sie ein paar Bier trinken, junge Stiere durch einen Parcour treiben oder einen Ritt auf einem wilden Stier oder auf einem bockenden, sattellosen Pferd absolvieren.
Von Freitag bis Sonntag abend wird geritten und gefeiert, am Montag um 5 Uhr früh sind die harten Männer wieder auf den Farmen ihrer Arbeitgeber und sitzen dort im Sattel. Die Frauen in diesem Beruf sind nicht zahlreich, aber in jüngster Zeit kommen immer mehr Mädchen aus dem Osten und Süden des Landes um hier ihr Glück zu versuchen. Lange halten sie es auf den Farmen nicht aus. Dort fühlen sich nur Frauen wohl, die von Kindheit an im Sattel gesessen sind. Für diese Frauen gibt es beim Rodeo eigene Bewerbe.
Das abendliche Stierreiten und Saufen in Tennant Greek schenken wir uns und fahren weiter zu DER Touristenattraktion dieser Strecke, zu den Devil's Marbles. Wir kommen gerade rechtzeitig um dort das wunderbare Licht des Sonnenuntergangs zu erleben. Wir verbringen die Vollmondnacht nahe der Felsen und sehen vom Fenster aus dieses Murmelspiel des Teufels.
Weitere Fotos Devil's Marbles
8. Oktober, bis nach Alice Springs
Der Wendekreis des Steinbocks
Die letzten vierhundert Kilometer bis ins Zentrum Australiens. Die Außentemperatur sinkt. Hatten wir vor einigen Tagen noch knapp 40 Grad bei hoher Luftfeuchtigkeit, sind es jetzt höchstens 34 trockene Grad. Das fühlt sich an wie ein lauer Sommertag. 30 Kilometer vor Alice Springs überqueren wir zum zweiten Mal auf dieser Reise den Tropic of Capricorn.
Abendessen in einem alten Pub in Alice Springs.
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