AktualisierungAugust 2006
Die Westküste entlang nach Norden
von uschi christl
11. August, von Perth nach CervantesDie erste Fahrt
Der prüfende Beamte der Zulassungsstelle zeigt sich beeindruckt und erteilt nach kurzer Inspektion die Bewilligung. Das geht fast zu leicht. Das junge Mädchen, das mit der Versicherung das letzte notwendige Dokument ausstellt, erlebt ihre Premiere. Zwei Mitarbeiter helfen ihr dabei und am Ende wird sie gefeiert. Wir feiern mit.
Nachdem wir mit der Lizenz zum Fahren dieses Wohnmobils irgendwie auch die Lizenz zum Coolsein bekommen haben, beginnt hier unsere eigentliche Reise. Nach ein paar Stunden Fahrt in den Norden erreichen wir unseren ersten Stellplatz, den Campingplatz in Cervantes, nahe der Pinnacles. Irgendwie macht sich Wallaby mit seinem "Caution! Left hand drive!" und dem Linzer Kennzeichen am indischen Ozean nicht schlecht.
Und zum Schluss dieses Berichts noch ein Foto für unseren Freund, den Ameisenforscher: Unsere erste Riesenameise, die wir in Westaustralien getroffen haben.
12. August, von Cervantes nach Greenaugh
Regen und Wüste
In unserer ersten australischen Nacht, die wir in unserem Wohnmobil vebringen, regnet es. Draußen - und schließlich auch drinnen. Am nächsten Morgen versucht Bruno das Dach mit Klebeband wieder dicht zu bekommen.
Genau eine Minute, nachdem die Fehlstelle auf dem Dach mit Gaffer abgeklebt ist, kommt der nächste Regenauschauer. Als wir kurz darauf zu den Pinnalces aufbrechen, herrscht ideales Reisewetter.
Tagelang haben wir im Sommer das Wohnmobil geputzt um den australischen Quarantänebstimmungen zu entsprechen. Heute holen wir uns den ersten Dreck auf den Reifen. In einer bizarren Wüstenlandschaft.
Weitere Fotos Pinnacles
Ein Emu, zwei lebende und sehr viele tote Känguruhs. Buschland, weiße Sanddünen, kurze Blicke auf das Meer.
Wenige weiße Schafe mit schwarzen Köpfen auf großen Weideflächen, schlanke Kühe auf Wiesen, die im Sonnenlicht smaragdgrün leuchten.
Die Fahrt in den Norden ist überrraschend abwechslungsreich. Sie endet in Greenaugh, einem kleinen Ort kurz vor Geraldton an der Westkküste.
13. August, Kalbarri
Wir haben Zeit
Wie eine Landebahn auf einem Flughafen führt der Coastal Highway in den Norden. Schnurgerade. Wir zweigen links in den Kalbarri Nationalpark ein. Wunderschöner Standplatz dort, wo der Murchison River in den indischen Ozean fließt.
Noch immer überrascht uns der Anblick unseres Wohnmobils auf dem australischen Kontinent. Jetzt sind wir die dritte Woche unterwegs. Langsam beginnt die Zeitspanne von eine halben Jahr, die wir zu Verfügung haben, ihren virtuellen Charakter zu verlieren.
14. August, Kalbarri
Wandern
Endlich können wir das tun, was wir uns solange erträumt haben - über roten Sand und rote Felsen wandern. Durch eine romantische Flusslandschaft und
spektakuläre Küstengorges.
Auf dieser Wanderung treffen wir außer einer Echse keine lebenden Tiere. Die Sandwürmer, die wir fotografiert haben sind kein Fall für den Zoologen, sondern für den Geologen.
15. und 16. August, Denham und Monkey Mia
Delphine füttern und Schafe scheren
Hunderte Kilometer auf Straßen zu fahren, die schon mit dem Auto nicht frei von Monotonie sind, müssen mit dem Fahrrad die Hölle sein. Trotzdem scheinen einige diese Herausforderung anzunehmen. Wahrscheinlich konnte dieser Radfahrer schon bei seinem Start am frühen Morgen seinen Zielpunkt am Horizont sehen.
Wir übernachten am Rande des Nationalparks Francois Peron in dem Küstenort Denham, einer alten Perlenfischerstadt.
In Denham findet man immer noch Wege und Häuser, die aus Muscheln gebaut sind. So wie das Restaurant "Old Pearler", in dem wir hervorragenden Fisch gegessen haben. Die Ziegel wurden im 19. Jahrhundert aus zusammenpressten Muscheln geschnitten. (Siehe nächster Tag.)
Hundert Touristen fotografieren wie wild acht Delphine. Die Tiere mit dem immerwährenden Lächeln kommen zur Fütterung und ziehen, sobald die Fischkübel leer sind, wie auf Kommando wieder ab. Zurück bleiben beglückte Touris mit dem Gefühl eines besonderen Naturerlebnisses. Klingt nach arger Touristenfalle, ist aber dennoch ein nettes Erlebnis, das der Naturpark Monkey Mia bietet. Und wer besonderes Glück hat, so wie ich, wird auch ausersehen, einen Delphin selbst zu füttern. Und zum Drüberstreuen gibt´s noch Pelikane, die gerne für die Kamera posieren.
24 Grad Celsius, - keine schlechte Wintertemperatur, - aber kalt genug für ein heißes Bad. Geboten wird es in einer Homestead, einer aufgelassenen Schaffarm. Hier werden die Brunnen so tief gebohrt, dass das Wasser aus dem artesischen Becken unter dem Festlandsockel Australiens geholt wird. Mit 44 Grad kommt es hier an die Erdoberfläche.
Die "Hot Tub", die uns zum Vergnügen dient, war einst die Lebensader einer Schaffarm, die in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts ihre Blüte erlebte. Heute ist sie das Zentrum des Francois Peron Nationalparks. Das Sonnenlicht fällt in die verlassenen Baracken, in denen die Schafscherer geschuftet haben. Zwei Monate hatte es allein gedauert um die verstreuten Schafe aus dem kargen Buschland zusammenzutreiben. Im Jänner, der heißesten Zeit des Jahres, fand die Schur statt. In brütender Hitze, unter Wellblechdächern verbrachten die Arbeiter ihre Tage. Bei Nacht flohen sie ihre Unterkünfte um unter kühlenden Tamarisken zu schlafen.
17. August, Shark Bay
Ein Strand aus Muscheln und der Ursprung des Lebens
Rechts hinter uns lehnt ein alter Mann mit großem australischem Hut und einer Flasche Bier in der Hand an seinem 30 Jahre alten, orangeroten Ford Pick Up. Links hinter uns sitzt ein Pärchen am Lagerfeuer. Dahinter ein feuerroter Sonnenuntergang über Buschland. - Nein, kein romantischer Übernachtungsplatz, sondern ein Parkplatz an einem Highway, an dem sich einige Camper zusammengefunden haben, die die Fahrt bei Dämmerung scheuen. Zu gefährlich werden die Tiere, die die Straße überqueren. Unzählige Ziegen, Känguruhs und ab und zu auch ein Emu.
Südlich des Delphin-Strandes Monkey Mia, im Gebiet von Shark Bay, liegt ein blendend weißer Strand. Statt Sand
besteht er nur aus kleinen, weißen Muscheln. Fünf Meter hoch haben sich die Muscheldünen aufgebaut, fest wie Zement. Das nützten die Siedler im 19. Jahrhundert um die Muschelmasse abzubauen, daraus Straßen und Ziegel für Häuser zu bauen. (Siehe Bericht 15. und 16. August)
Vor 600 Millionen Jahren sah das Leben auf unserer Erde in etwa so aus. Die Stromatoliten, die heute in Hamlin Pool in Shark Bay leben, sind den Kolonien, die nach dem Rückzug der Meere die Erde bevölkerten, noch immer sehr ähnlich.
Wir sehen, wie die dreitausend Jahre alten Organismen Sauerstoff ausatmen. Kleine Bläschen blubbern im glasklaren Wasser.
29,7 Grad. Beim letzten stürmischen Tag, den wir in dieser Gegend erlebt haben, antwortete eine Einheimische auf die Frage wie denn das Wetter am nächsten Tag werde: "Normal." "Normal?" "Nice. Very Nice."
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